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Foto Das Ruhrland- und Heimatmuseum in der Villa Knaudt, Essen-Südviertel 1964

Das Ruhrland- und Heimatmuseum in der Villa Knaudt, Essen-Südviertel 1964

Foto Eröffnung des Neubaus des Museums Folkwang, Essen-Südviertel, Mai 1960

Eröffnung des Neubaus des Museums Folkwang, Essen-Südviertel, Mai 1960

Foto Museum Folkwang Außenansicht

Museum Folkwang Außenansicht

Folkwang

Die heute unter dem Begriff Westdeutscher Impuls zusammengefasste Reformbewegung wurde für die weitere Entwicklung Essens zur Kulturstadt maßgeblich. Zwischen 1900 und 1933 gingen wichtige Impulse zur kulturellen Entwicklung Deutschlands nicht nur von Berlin, sondern auch vom Industriegebiet an der Ruhr, vor allem von Hagen und Essen aus. Im Industriezeitalter sollten der Institution Museum, der Architektur und dem Kunstgewerbe neue Aufgaben zufallen: Alle Bereiche des Lebens und Alltags sollten von Kunst durchdrungen sein. Schon lange vor dem Kauf der Folkwangsammlung hatte Essen wesentliche Beiträge zur Reformbewegung geleistet: Die städtebaulichen Projekte Robert Schmidts fanden über die nationalen und internationalen Bauausstellungen Verbreitung, sogar bis in die Vereinigten Staaten. Die von Georg Metzendorf entworfene Margarethenhöhe blieb gestalterisch und städtebaulich ein singuläres Ereignis. Ab 1917 gab es hier Räume für Künstler und Werkschaffende, bald eine ganze Künstlerkolonie und Keramische Werkstatt. 1911 gründete die Stadt eine Handwerker- und Kunstgewerbeschule, aus der später die Folkwangschule entstand.

Auch der Hagener Kunsthistoriker und Kunstmäzen Karl Ernst Osthaus sah in der Kunst eine ästhetische Erziehungsaufgabe. Er prägte den Begriff Folkwang, der in der altnordischen Edda den Palast der Fruchtbarkeitsgöttin Freya bezeichnet. Freya wurde als Schutzpatronin der Künste angesehen. Folkwang sollte also eine Feierstätte für die Einheit von Kunst und Leben darstellen. Das von Osthaus 1909 im engen Austausch mit dem Deutschen Werkbund ins Leben gerufene „Deutsche Museum für Kunst in Handel und Gewerbe“ sammelte und präsentierte vorbildliches Kunsthandwerk und veranstaltete Wanderausstellungen. Vor allem die Gebrauchskunst sollte zur Umgestaltung des gesellschaftlichen Lebens dienen. Georg Metzendorf ließ ganz in diesem Sinne für die Wohnungen der Essener Margarethenhöhe formschönes Mobiliar produzieren, das in einer eigens dafür eingerichteten Musterwohnung präsentiert wurde.

Für sein 1902 gegründetes Privatmuseum, das Museum Folkwang, erwarb Osthaus Werke von Gauguin, van Gogh, Matisse, Rodin, Degas, Cézanne, später auch von Munch, Kandinsky, Liebermann und Marc. Mit dem weltweit ersten Museum für zeitgenössische Kunst wollte Osthaus dem „kunstverlassenen Industriebezirk an der Ruhr“ im Sinne der Volkserziehung das moderne Kunstschaffen näher bringen. Osthaus, der als Kunsthistoriker und –theoretiker zahlreiche Schriften veröffentlichte und damit sowohl die Reformen als auch den Deutschen Werkbund beeinflusste, starb 1921. Im Jahr darauf erwarb ein in Essen extra für diesen Zweck von Bürgern und Firmen gegründeter Folkwang-Museumsverein die Sammlung für die Stadt Essen. Der Verein ist noch heute zusammen mit der Stadt Träger des Museums und Eigentümer der Kunstwerke. Zum Direktor des Essener Museum Folkwang bestimmte man den bisherigen Leiter der Essener Kunstsammlungen Ernst Gosebruch, der sich ähnlich wie Osthaus in diversen Publikationen mit Fragen der Architektur und des Kunstgewerbes befasst hatte. Während der NS-Zeit wurde die Sammlung im Rahmen der Aktion „Entartete Kunst“ ausgeplündert. Viele Kunstwerke wurden 1938 enteignet. Nach 1945 musste sowohl das durch Bombeneinwirkung weitgehend zerstörte Museumsgebäude als auch die Sammlung neu aufgebaut werden. Verlorene Bestände konnten ersetzt werden.

Der Begriff Folkwang wurde schon in den 1920er Jahren auf andere Kunstsparten ausgeweitet. Der bekannte Slogan „Folkwang eint die Künste“ geht auf das Osthaus-Zitat „Folkwang ist die Einheit aller Künste und aller künstlerischen Erziehung“ zurück. Ganz in diesem Sinne wurden erstmals 1927 die verschiedenen Kunstrichtungen und Disziplinen in der „Folkwangschule für Musik, Tanz und Sprechen“ zusammengefasst. Die Essener Handwerker- und Kunstgewerbeschule erhielt im Jahr darauf den Namen „Folkwangschule für Gestaltung“. Heute sind die verschiedenen Bildungseinrichtungen in der Folkwang Universität der Künste vereint.